Weltweiter Tag der Genitalen Selbstbestimmung 2024

7. MAI 2024 – Weltweiter Tag der Genitalen Selbstbestimmung (WWDOGA) – 12 JAHRE “KÖLNER URTEIL”

 

VOR ORT:
KÖLN, Samstag, 4. Mai 2024, 11:00 Uhr – Köln, Rudolfplatz (Treffpunkt) Zentrale Kundgebung mit Reden: ab 12:00 Uhr Köln, Heumarkt

DIGITAL:
Live-Stream aus Köln ab 11:15 Uhr

Zur Liste der bisher geplanten Redebeiträge im Livestream und der zentralen Kundgebung geht es hier (Link folgt).

Weitere Beiträge nach Ankündigung auf www.genitale-selbstbestimmung.de und bei YouTube, Facebook

Weitere Infos zu diesen Veranstaltungen finden Sie hier (Link folgt).


Den Flyer zum diesjährigen WWDOGA finden Sie HIER.

 

 

An diesem Tag jährt sich die Verkündung des "Kölner Urteils" zum zwölften Mal. Dieses hatte 2012 auch Jungen das Recht auf genitale Selbstbestimmung zugesprochen, indem es eine medizinisch nicht indizierte Vorhautentfernung („Beschneidung“) eines Jungen als eine strafbare Körperverletzung bewertete. Inzwischen ist der 7. Mai längst weltweit zu einem Symbol für die Selbstbestimmungsrechte des Kindes unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion und Tradition geworden.


Inhaltlicher Schwerpunkt in diesem Jahr:  Genitale Selbstbestimmung und Gesundheit!

Genitalien und Sexualität wurden in der Geschichte kulturübergreifend vielfach als bedrohlich und Quelle von Krankheiten betrachtet. Sie im Zusammenhang mit Wertschätzung, Wohlbefinden und Gesundheit wahrzunehmen, ist verhältnismäßig neu, und trifft noch heute auf Tabus und Widerstände. Der WWDOGA schaut genau hin und bringt internationale Perspektiven zusammen!

 

Der „Weltweite Tag der Genitalen Selbstbestimmung“ fordert:

  • Einhaltung und Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention Art. 2 (Schutz vor Diskriminierung), Art. 3 (Vorrang des Kindeswohls) und Art. 24, Absatz 3 (Abschaffung schädlicher Bräuche).
  • Gesetzesinitiativen weltweit, die den Schutz aller Kinder unabhängig vom Geschlecht vor nicht-therapeutischen Genitaloperationen vorsehen.
  • Schutz von Kindern mit atypischen körperlichen Geschlechtsmerkmalen vor medizinisch nicht notwendigen Genitaloperationen und weiteren Eingriffen.
  • Sofortiger Stopp der Massenbeschneidungen von Jungen im Rahmen angeblicher HIV-Prävention in afrikanischen Ländern.
  • Öffentliche Forschung und Aufklärung zu den Folgen von nicht-therapeutischen Genitaloperationen an Kindern in ihren unterschiedlichen Formen und sozialen Kontexten.

 

 

Schwerpunkt 2024: Genitale Selbstbestimmung und Gesundheit

Jeder Teil eines Genitals hat eigene, wichtige Funktionen, die zu einer erfüllten Sexualität und damit auch der Gesundheit beitragen. Leider bestehen gegenüber einigen dieser Körperteile auch heute noch viele Vorurteile und abwertende Stereotypen: Sie seien angeblich tendenziell „überflüssig“, schwierig für die Gewährleistung der Körperhygiene beschaffen oder gar für die Gesundheit abträglich. Dieses „Bodyshaming“ fand Ende des 19. Jahrhunderts auch Eingang in die Medizin und führt dort bis heute zu kontroversen Debatten (siehe z.B. „Europäische Pädiater kritisieren AAP-Stellungnahme zur Beschneidung“). Diskussionen über medizinische Indikationen für Genital-Eingriffe an Kindern werden fortlaufend geführt. Wissen und Forschung zu Anatomie und Entwicklung der Geschlechtsorgane sind hier von essenzieller Bedeutung. Zudem muss Selbstbestimmung darin ein zentrales Kriterium darstellen, um im zwingenden Einzelfall alle notwendige medizinische Versorgung von Kindern sicherzustellen, sie aber gleichzeitig vor unnötigen Behandlungen oder irreversiblen Operationen zu schützen.  Der WWDOGA bringt auch zu diesem wichtigen Aspekt zusammen: Betroffene, Fachexpertise, Eltern, Menschenrechtsorganisationen und Politik.

 

Wann sind Mädchen endlich geschützt

Laut WHO beschreibt der Begriff der Weibliche Genitalverstümmelung (FGM) alle Praktiken, bei denen die äußeren weiblichen Genitalien teilweise oder vollständig entfernt werden sowie alle sonstigen medizinisch nicht begründete Verletzungen am weiblichen Genital. Abhängig von Motiven und Art der Beschneidung, führt der Eingriff für die Betroffenen zu unterschiedlich starken gesundheitlichen, physischen, sozialen und wirtschaftlichen Konsequenzen. Die Praktik ist in jeglicher Form international als schwere Menschenrechtsverletzung anerkannt und wird dennoch weltweit praktiziert: In 29 Ländern in Sub-Saharaafrika sowie in Süd-, Südost- und Zentralasien als auch in Europa, den USA und Kanada. Besonders in Asien nehmen durch medizinisches Personal ausgeführte Formen zu, die immer wieder in Forderungen nach einer rechtlichen Duldung münden – was eindeutig der WHO widerspräche.

 

Auch Jungen gehört ihr Genital allein

Der eigentlich verharmlosende Begriff „Beschneidung“ steht bei Jungen für die Amputation („amputare“: ringsherum abschneiden) der Vorhaut, die den Verlust von durchschnittlich 50 % der gesamten Penishaut, darunter des für sexuelle Empfindungen sensibelsten Teils, mit sich bringt und die natürliche Physiologie des Penis sowie dessen Erscheinungsbild irreversibel verändert. Komplikationen sowie physische und psychische Spätfolgen werden zunehmend dokumentiert.
Erkrankungen der Vorhaut machen nur in seltenen Fällen eine Vorhautentfernung medizinisch unumgänglich. Eine beschwerdefreie Vorhautenge im Kindes- und Jugendalter ist keine Krankheit. Oft weitet sich die Vorhaut erst in der Pubertät. Bei tatsächlichen Beschwerden helfen in den meisten Fällen nichtoperative Therapien.

 

Leiden und Trauma von Intersex-Kindern durch Genital-OPs ohne eigene Einwilligung

Ein bis zwei von 1000 Kindern werden mit “atypischen” körperlichen Geschlechtsmerkmalen geboren. Es kommt immer wieder zu frühen Genitaloperationen mit geschlechtsbestimmendem Charakter und zu Hormonbehandlungen vor der Einwilligungsfähigkeit. Die Betroffenen haben später das Gefühl abnorm zu sein und sind in ihrer körperlichen Unversehrtheit ungefragt übergangen worden. Alle pädiatrischen Verbände in Deutschland empfehlen inzwischen, diese Maßnahmen nur noch in einem Alter vorzunehmen, in dem die betroffene Person einwilligungsfähig ist. Auch international bewegt sich die fachliche Diskussion teilweise in diese Richtung. Körperliche Integrität und Selbstbestimmung müssen aber vielerorts noch in die Wirklichkeit der Praxis integriert werden. Seit 20 Jahren protestieren Betroffene öffentlich gegen diese Operationen, die sie als fundamentale Menschenrechtsverletzung, Genitalverstümmelung, als traumatisierend und zerstörerisch für das sexuelle Empfinden beschreiben. Vorwürfe, die auch durch Menschenrechtsgremien wie den UN-Kinderrechtsausschuss bekräftigt werden.

 

Diskriminierung von trans* Personen

Trans* Menschen möchten häufig ihre körperlichen Merkmale durch eine Operation an ihr wahres Geschlecht angleichen. Soll aus einem Penis eine Vulva gebildet werden, fehlt ohne die Vorhaut ideales Gewebe in erheblichem Ausmaß.

 

Das Kölner Urteil

Am 7. Mai 2012 bewertete das Kölner Landgericht eine medizinisch nicht indizierte "Beschneidung" an einem nicht einwilligungsfähigen Jungen als rechtswidrig. Dies war nur folgerichtig, denn auch Kindern standen in Deutschland die Rechte auf körperliche Unversehrtheit und gewaltfreie Erziehung zu. Warum hätten diese Rechte gerade vor dem Intimbereich haltmachen sollen, und dann auch noch exklusiv nur vor dem von Jungen?

Der Deutsche Bundestag entschied am 12.12.2012 als Reaktion auf das Kölner Urteil in einem Hauruckverfahren, dass Eltern aus jeglichem Grunde in eine „Beschneidung“ ihrer

Söhne einwilligen können. Ein Widerspruch zu sämtlichem übrigen gesetzlichen Schutz von Kindern und gleich ein mehrfacher Verstoß gegen die UN-Kinderrechtskonvention.

Unsere Info-Seite mit weiterführenden Links zu u.a. aktueller Fachliteratur aus Deutschland, der Türkei, den USA u.v.a., Zeugnissen von Betroffenen, Filmen, Aufklärungsbüchern und -broschüren und Vortrags-Videos internationaler Wissenschaftler finden Sie HIER.

 

Hass und Menschenfeindlichkeit haben bei uns keinen Platz!
Wir fordern alle Protestierenden auf, sich deutlich von Pauschalisierungen und Menschenhass zu distanzieren und immer wieder deutlich zu machen, dass es nur um das Wohl, die körperliche Unversehrtheit und das Recht des Kindes auf Selbstbestimmung gehen kann.